Bei der Publikation von Stellenanzeigen ist die Kombination von Print- und Online-Medien unschlagbar. Ja, ganz sicher, auf alle Fälle, ohne Zweifel… Das Mantra der Verlags-gebundenen Jobbörsen-Betreiber wird in schöner Regelmäßigkeit wiederholt. Doch die Überzeugungskraft von Wiederholungen nimmt ab, es sei denn, man ist ein Fan der Mozart-Oper „Don Giovanni“. Nur wahre Opernfreunde können sich immer und immer wieder an Wiederholungen ergötzen, so wie Leporello eine Liste mit Don Giovannis Liebschaften entrollt und in der Arie „Madamina, il cataloge è questo“ musikalisch in Szene setzt.
Jedoch sind die Entwicklungstendenzen im klassischen Journalismus und das zu beobachtende Zeitungssterben keine harmonische Opernaufführung, es geht schlicht und ergreifend um eine Mediensubstitution Online vs Print, also um eine Existenzfrage.
Das Imperium schlägt zurück
Als in den Jahren 1995 bis 2000 der Dot.Com-Boom grassierte, entstanden parallel zur steigenden Verbreitung des Internets neue Geschäfts- und Betreiber-Modelle für die Personalbeschaffung. Jobbörsen sollten das Recruiting nachhaltig revolutionieren. Die neue internet-basierte Technologie erlaubte es fortschrittlichen Jobbörsen-Betreibern, gestaltete Stellenanzeigen mit grafischen Elementen zu publizieren, der Publikationsprozess fand ohne Medienbruch vom PC des Personalreferenten direkt zur Jobbörse statt, die Stellenanzeigen waren fortan 24 Stunden am Tag, 7 Tage der Woche und von jedem Ort der Welt zugreifbar, sofern es dort einen Internet-Anschluss gab.
Die Zeitungsverlage hatten die erste Halbzeit im Spiel um fortschrittliche Technologie schon verloren. In der zweiten Halbzeit besiegelte ein klassisches Eigentor die Niederlage der Zeitungsverlage bei der Publikation von Stellenanzeigen: Die konservative Anzeigen-Preispolitik der Verlage zeigte angesichts der Herausforderung durch das neue Medium Internet keine Reaktion und verharrte auf einem im Vergleich zu den Jobbörsen hohen Preisniveau. So konnte die neue Konkurrenz der Jobbörsen-Betreiber nicht nur mit einer der Printpublikation überlegenen Technologie auszeichnen, ihre Anzeigen-Akquisition wurde durch den immensen Preisvorteil gegenüber den Print-Anzeigenpreisen gravierend erleichtert.
Übernahmeaktivitäten als Indikator für die Intensitat des Branchen- und Medienwandels
„Unternehmen aus dem Verlagsgeschäft sind einer der Schlüssel zur digitalen Medienwelt, müssen jedoch ihre Geschäftsmodelle beispielsweise durch digitale Plattformen erweitern. Sie haben jedoch erst relativ spät erkannt, welche Möglichkeiten dieses Segment bietet und dass sich hier ein wahrer Vertriebskanal mit eigenständigen Geschäftsmodellen auftut“. So urteilte die Unternehmensberatung Ernst & Young in einer Studie über den Strukturwandel in der Medienbranche.
Die nachstehende Abbildung stellt auszugsweise die Merger&Acquisition-Aktivitäten in Deutschland im Zeitverlauf dar.
Quelle: Ernst & Young: Der Online-Faktor. Von der Integration zur Transformation. Studie zum M&A-Markt der europäischen Medien- und Unterhaltungsbranche.
Und nicht nur Statistiken zeigen den Strukturwandel auf. Jeff Jarvis erläutert auch ausführlich in seinem Interview, wie sich die Verlage ändern müssen, um letztlich zu überleben. Seine Empfehlungen sind wie ein mediales Leporello mit Leviten für die Leitenden in den Zeitungsverlagen.
Jeff Jarvis, Journalistik Professor an der City University New York und Autor des Buchs “What would Google do?” verdient viel Geld damit, Verlagen zu erklären, warum sie keine Ahnung vom Netz haben. Jeff Jarvis über Geschäftsmodelle, die Zukunft der Medien und Verleger, die etwas riskieren.
Das Imperium schlägt zurück
Lange, viel zu lange hat es gedauert, bis die Zeitungsverlage auf die Herausforderungen des Medienwandels reagiert haben. Kurz nach dem Platzen der Dot.Com Blase haben sich die untereinander in einem heftigen Wettbewerb liegenden Zeitungsverlage darauf geeinigt, dieser Herausforderung aktiv anzugehen. Herausgekommen war eine Allzweckwaffe im medialen Wettbewerb, künftig sollte das Anzeigengeschäft (Mein Job, Mein Auto, Meine Haus über eine gemeinschaftliche Plattform Versum abgewickelt werden. In der Anfangsphase stellten sich auch schnell Erfolge ein, mit etwa 80.000 publizierten Stellenanzeigen erklomm Versum nach der Bundesagentur für Arbeit einen Spitzenplatz unter den Jobbörsen. Der Burgfriede hielt nicht lang genug, um sich im Glanze des Erfolges zu sonnen – nach langen internen Querelen wurde Versum abgeschaltet – die Chance war vertan.
Wer heute die Jobbörsen-Landschaft in Deutschland betrachtet, wird erkennen, dass die klassischen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen mit Verspätung, aber Konsequenz auf den Medienwandel reagiert haben. Heute sind namhafte Jobbörsen im Beteiligungsportfolio der Verlage zu finden:
- Jobware (Medien Union Ludwigshafen)
- Stellenanzeigen.de (WAZ-Mediengruppe, Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, Verlagsgruppe Ippen)
- Ingenieurkarriere (Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck)
- Kalaydo (u.a. M. DuMont Schauberg, Rheinische Post Verlagsgesellschaft)
- experteer (Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck)
- StepStone (Axel Springer Verlag)
Insbesondere die strategisch geplante Übernahme der StepStone-Gruppe durch den Axel Springer Verlag ist ein Beispiel für diesen Trend (Siehe auch: …Verliebt – verlobt – verheiratet: Axel Springer buhlt erfolgreich um StepStone)
Mediensubstitution im Recruiting: Online hat die Nase vorne
Zu einem klaren Ergebnis kommt die Studie „Recruiting Trends 2010“ in ihrer Analyse zur Anzeigenschaltung in Recruiting-Kanälen.
„Seit nunmehr acht Jahren untersucht die Studie „Recruiting Trends“, wo deutsche Großunternehmen ihre Vakanzen veröffentlichen. Wie in Abbildung 4 dargestellt ist, wurden im Jahr 2009 erstmalig mehr als neun von zehn offenen Stellen über die eigene Unternehmens-Webseite kommuniziert, womit dieser Kanal von den befragten Unternehmen am häufigsten genutzt wird. 62,9 Prozent aller Vakanzen werden in Internet-Stellenbörsen ausgeschrieben. In den beiden genannten Internet-Kanälen werden somit deutlich mehr freie Stellen veröffentlicht als in Printmedien, wo im Jahr 2009 nur noch knapp zwei von zehn Stellenanzeigen durch deutsche Großunternehmen geschaltet wurden. Das entspricht einem Rückgang um 6,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr und um 17,6 Prozentpunkte im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2002. Schließlich meldeten die Teilnehmer an der Studie im Jahr 2009 21,5 Prozent ihrer Vakanzen an die Bundesagentur für Arbeit.
Der angesprochene, deutliche Rückgang veröffentlichter Vakanzen in Printmedien in den letzten Jahren war Ausgangspunkt für eine nähere Betrachtung dieses Personalmarketingkanals im Rahmen der aktuellen Studie. Dabei ergab sich, dass der Hauptgrund für eine Veröffentlichung von Stellenanzeigen in einem Printmedium für 35,5 Prozent der Studienteilnehmer in der Stärkung der Arbeitgebermarke (Image-Werbung) liegt. In diesem Fall steht somit eher die generelle Sichtbarkeit als Arbeitgeber im Vordergrund und weniger die tatsächliche Besetzung einer bestimmten Vakanz. Weiterhin wurde erhoben, dass sich 61,7 Prozent der deutschen Großunternehmen bei der Anzeigenschaltung in diesem Kanal auf regionale Printmedien konzentrieren, da diese günstiger als überregionale Tageszeitungen sind und verstärkt den regionalen Arbeitsmarkt ansprechen.“
Abbildung: Anteile der in verschiedenen Recruiting-Kanälen veröffentlichten Vakanzen im Zeitablauf
Doch die Diskussion über die Publikation von Stellenanzeigen in Print- oder Online-Medien bewegt sich nur an der Oberfläche des Medienwandels. Der Geologe Wegener hat mit seinen bahnbrechenden Forschungen über die Kontinental-Drift, die Bewegung der Landmassen auf der Erdoberfläche, wegweisende Erkenntnisse erzielt. Auch für Medien gelten ähnliche Gesetze: Neue Kommunikationstechnologien sind die Geburtshelfer neuer Medien. Es findet ein permanenter Prozess der Mediensubstitution statt, wobei ältere Medien nie komplett von neuen Medien abgelöst werden, sie werden lediglich ergänzt und bestehen nebeneinander weiter in einer Art Koexistenz.
Die Erosion der journalistischen Basis
In vielen Ländern ist ein Rückgang der Printmedien zu beobachten, angefangen vom Zeitungssterben, dem Abbau der Arbeitsplätze in den Redaktionsstuben oder der Konzentration von regionalen Redaktionen hin zu zentralen Content-Produktionszentralen.
Niedergang des US-Journalismus
- Im Zeitraum zwischen September 2008 und September 2009 verschwanden mehr als 24.500 Arbeitsplätze im Print-Medien-Sektor in den USA, im Bereich der Fernseh- und Radio-Medien wurden mehr als 8.300 Arbeitsplätze aufgelöst.
- Im Dezember 2008 gingen 7.398 Journalisten-Arbeitsplätze verloren.
- Die US-amerikanische Behörde für Arbeitsmarktstatistiken (Bureau of Labor statistics) ermittelte, daß die Arbeitsplatz-Verluste im Journalismus-Sektor das dreifache der durchschnittlichen Arbeitsplatzverluste ausmachte, eine monatliche Rate von 22.23 Prozent (Journalismus) gegenüber 8,1 Prozent (Gesamtwirtschaft).
- Seit 2008 verschwanden 166 Zeitungen in den USA vom Markt, entweder durch Schliessung oder durch den Stop einer Printausgabe.
- Seit März 2007 verzeichneten die US-Print-Medien den Verlust von 35.000 Arbeitsplätzen.
Allerdings gibt es aus Lichtblicke: So verzeichnete die Zeitschrift „People Style Watch“ einen Zuwachs an Anzeigenseiten von 134.4% zwischen dem 1. Quartal 2008 und dem 1. Quartal 2009.
Die neuesten Entwicklungen der Medienbranche in den USA haben den Bundesverband Deutscher Zeitungs-Verleger (BDZV) gehörig aufgeschreckt, daß er in einer eigenständigen Studie und dazugehörender Pressemeldung gegensteuerte: „Das Titelsterben auf dem US-Zeitungsmarkt wird nach Meinung des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) nicht auf Deutschland übergreifen. Die Entwicklung hierzulande sei in keiner Weise mit der schwierigen Situation der US-amerikanischen Zeitungen vergleichbar.
Laut Studienautor Ralf Siepmann besteht einer der wichtigsten Unterschiede im Erlösmix. Während in Deutschland jeweils etwa 50 Prozent des Umsatzes aus Anzeigen/Werbung und aus dem Vertriebserlös erzielt werden; ist das Verhältnis in den USA 80 Prozent Anzeigen zu 20 Vertrieb. Daher hätte die Einbrüche im Werbegeschäft den US-Markt deutlich härter getroffen. Der Studie zufolge verloren die US-amerikanischen Tageszeitungen 2008 etwa 23 Prozent ihres Anzeigenumsatzes. Hinzu kamen Probleme, die aus der weltweiten wirtschafts- und Finanzkrise resultierten. Die von den US-Titeln bei den Banken aufgenommenen Kredite wurden immer teurer und rissen Finanzierungslücken.
Darüber hinaus spielen Zeitungen in Deutschland noch immer eine vergleichweise wichtige Rolle. Hierzulande greifen nach Angaben von Siepmann gut 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung regelmäßig zur Tageszeitung. Die Titelzahl blieb in den vergangenen zehn Jahren stabil bei rund 350 Stück.“
Die Konsequenzen sind der Verlust der Vielfalt, der Verlust individueller Inhalte und die Substitution des journalistischen Content durch Massenware. Die Schwächung der journalistischen Inhalte führt zu einem Rückgang der Leser und der Reichweite. Wenn die Straßenverkaufspreise der Print-Medien erhöht werden, beschleunigt das diesen schleichenden Prozess.
Irgendwas macht uns dümmer – aber es ist nicht Google (Danny Hillis)
Die Balance des Geschäftsmodells „Print“ (freier Content, bezahlte Werbung) gerät aus dem Gleichgewicht. Dies wiederum führt zu einer Erosion der Basis für Print-Stellenanzeigen: weniger Print-Medien, sinkende Leser, reduzierte Reichweite. Die Abwanderung des Content in digitale Medien führt folgerichtig auch zur Abwanderung der Bezahlt-Werbung in die digitalen Medien.
Mediensubstitution: von Johannes Gutenberg zu Vinton Cerf
Wenn heute in der Diskussion die Mediensubstitution „Print durch Internet“ im Vordergrund steht, ist es jedoch nicht das erste Mal, dass die Medien ins Blickfeld der Historiker, Soziologen und Kommunikationstheoretiker geraten sind. Mit dem Kanadier Marshall McLuhan verbindet sich eine systematische Betrachtungsweise, er untersuchte in seinem Klassiker „Die Gutenberg-Galaxy“ die Mediensubstitution „Sprache vs Print (Buch)“. In seinem „Tetraeder der Medieneffekte“ formulierte McLuhan die grundlegende Wirkungsweise, wie sich Technologien bzw. die darauf basierenden Medien auf die Gesellschaft auswirken.
Deshalb sind seine Kernfragen auch in der heutigen Diskussion der Ablösung der Printmedien durch die digitalen Medien des Internets von aktueller Bedeutung:
- Was verbessert das Medium?
- Was macht das Medium obsolet?
- Was macht das Medium wieder aktuell, das früher obsolet gemacht worden war?
- Was löst das Medium aus, wenn es bis zu seinen Extremen überzogen wird?
Die Gesetze des Tetraeders sind gleichzeitig in Kraft, nicht sukzessive oder in chronologischer Ordnung und ermöglichen es dem Fragesteller, die Grammatik und Syntax der Sprache der Medien zu erkunden. Ein Tetraeder kann als Gruppe von vier Rauten, die ein X bilden dargestellt werden. Im Zentrum steht der Name des Mediums. Die Rauten an der linken Seite des Tetraeders beschreiben die Erhöhungs- und Rückgängigmachungsqualitäten eines Mediums, beides Qualitäten der Figur. Die Rauten an der Rechten Seite sind die Veraltend und Umkehrend Qualitäten, beides Qualitäten des Hintergrundes.
Am Beispiel des Radios ergibt sich folgende Auslegung:
- Verstärkung (Figur) Was das Medium verstärkt oder intensiviert. Radio verstärkt Sprache und Musik.
- Veraltend (Hintergrund) Was das Medium verdängt. Radio reduziert die Bedeutung von Druck und visuellen Gütern.
- Rückgängigmachend (Figur) Was das Medium zurückholt, das zuvor verworfen wurde Radio stellt das gesprochene Wort wieder in den Vordergrund.
- Umkehrend (Hintergrund) Was das Medium bewirkt, wenn es bis zu seinen Extremen ausgereizt wird. Das akustische Radio geht in audiovisuelles Fernsehen über.
I find television very educational. Every time someone switches it on I go into another room and read a good book. (Groucho Marx)
Ein weiterer Effekt ist die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts in der Mediensubstitution und der relativen Langsamkeit, mit der dieser Prozess durch die Augen der Wissenschaft gesehen wird. Der technologische Prozess, den Vinton Cerf, der als einer der Väter des Internets gilt, mit seinen bahnbrechenden Entwicklungen am Genfer CERN in die Wege leitete, hat eine Eigendynamik entwickelt, die eher von der Praxis als von der Theorie vorangetrieben wird. So schreibt Sofia Gomez: „Es scheint, als ob die Technik der Wissenschaft vorauseilt und das, was sich gerade im Mediensektor abspielt, erst wortwörtlich „begriffen“ werden muss, um eine den Neuen Medien entsprechende, medienwissenschaftliche theoretische Basis erarbeiten zu können. So mag es nicht verwundern, dass die Veränderung der Wahrnehmungskategorien und das Mensch-Maschine-Verhältnis generell die aktuelle wissenschaftliche Mediendiskussion im Land beherrschen. Dazu notwendig ist die Erlangung einer Eigenidentität der Neuen Medien, um eine klare Abgrenzung vornehmen zu können.“
Die „Schöne Neue Welt“ der Internet-basierten Medien zeigt allerdings auch schon die ersten negativen Auswirkungen, wie sie von Frank Schirrmacher in seinem wegweisenden Buch „Payback“ beschrieben werden. Er fasst dort die Ergebnisse einer Untersuchung des Stanford-Forschers Clifford Nass über durch das von digitalen Medien begünstigte „Multitasking“ zusammen:
- Je intensiver Menschen dem Medien-Multitasking nachgehen, desto weniger können sie auswählen, was ihr Arbeitsgedächtnis speichert und desto stärker wird ihre Zerstreutheit.
- Multitasker verlieren systematisch die Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem in ihrer Umgebung zu unterscheiden. Aber nicht nur in der Umgebung: Auch das Gedächtnis vermag nicht mehr zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden, was dazu führt, dass wir immer weniger in der Lage sind, ein Fazit zu ziehen.
- Multitasker reagieren häufiger auf „falschen Alarm“, das heißt, sie sind bereit, alles stehen und liegen zu lassen, wenn ein neuer Informationsreiz eintritt, und sie verlieren sogar die Fähigkeit, später zu beurteilen, wo es sinnvoll war, die Aufmerksamkeit abzulenken, und wo nicht.
- Multitasker werden nicht immer effizienter, sondern immer schlechter, selbst im Bereich des Multitaskings. Sie werden langsamer bei allen Tätigkeiten, die keinen Aufgabenwechsel erlauben, und können sich auf Aufgabenwechsel auch schwerer einstellen. Ein Phänomen, das die Forscher besonders überraschend finden angesichts der Bedeutung, die dem permanenten Aufgabenwechsel zukommt.
- Die geistigen Leistungen von Multitaskern werden in einigen Bereichen immer fehlerhafter, beginnen sogar zu sinken. Die Fähigkeit des Menschen zu denken, wird immer fehlerhafter.
Medien: Kritische Nutzer oder nur Konsumenten?
Der französische Philosoph und Soziologe Jean Baudrillard setzt sich mit der Glaubwürdigkeit der Medien, dem Medienkonsum durch die „Schweigende Masse“ und der Notwendigkeit des kritischen Denkens auseinander. So schreibt Baudrillard:
„Der Wissenschaftler kann nicht glauben, dass die Materie oder das Lebende nicht „objektiv“ auf die ihnen gestellten Fragen antworten, oder dass sie zu objektiv antworten, als dass die Fragen richtig gestellt sein könnten. Schon die Hypothese scheint ihm absurd und undenkbar. Er wird sie nie aufstellen. Er wird den simulierenden Hexenkessel seiner Fragestellung nie verlassen.
Die gleiche Hypothese, das gleiche Axiom der Glaubwürdigkeit gilt für alle anderen Bereiche. Der Werbemann kann nicht nicht glauben, dass die Leute an seine Werbung glauben – und sei es nur ein ganz klein wenig; das heißt, er muss glauben, dass die Botschaft zumindest mit minimaler Wahrscheinlichkeit ihr Ziel erreicht und ihrem Sinn gemäß entziffer wird. Hier ist jedes Prinzip der Ungewissheit ausgeschlossen. Würde sich herausstellen, dass die Wirkung der Botschaft auf den Adressaten gleich Null ist, bräche die Werbung augenblicklich zusammen. Sie lebt ausschließlich von dem Vertrauen, das sie in sich selbst setzt (es ist die gleiche Wetter, wie die der Wissenschaft in Hinblick auf die Objektivität der Welt), einem Vertrauen, das sie aus lauter Angst, die umgekehrte Hypothese könne ebenso wahr sein, gar nicht erst zu überprüfen sucht.
Sie erspart sich den Gedanken, dass die überwiegende Mehrheit der Werbebotschaften vielleicht nie bei ihren Adressaten ankommt, dass die Leser Inhalte, die sich im Leeren brechen, nicht mehr unterscheiden – dass nur das Medium als atmosphärischer Effekt funktioniert und nur als Schauspiel oder Faszination seine Wirkung tut.
Das kritische Denken urteilt und wählt aus, es produziert Unterschiede, mittels der Selektion wacht es über den Sinn. Die Massen dagegen treffen keine Wahl, sie produzieren keinen Unterschied, sondern Unterschiedslosigkeit – sie bewahren die Faszination des Mediums, die sie dem kritischen Anspruch der Botschaft vorziehen. Denn die Faszination erwächst nicht aus dem Sinn, sie verhält sich proportional zur Sinnentleerung. Sie entsteht, indem sie die Botschaft zugunsten des Idols, die Wahrheit zugunsten des Trugbilds neutralisiert. Auf dieser Ebene funktionieren die Medien. (Quelle: Jean Baudrillard: Im Schatten der schweigenden Mehrheiten oder das Ende des Sozialen. Original: „A l’ombre des majorités silencieuses ou la fin du social”. Paris 1978.)
FAZIT
Es wird Zeit, ein Fazit zu ziehen. Die Diskussion über das Präferenzmedium für Stellenanzeigen (Print oder Online) ist in einem weiter gespannten Kontext zu sehen. Moment, mein Blackberry klingelt, die Bildschirmleiste meines Browsers zeigt viele wichtige Twitter-Nachrichten an. Und das E-Mail-Programm kündigt mit einem Chime-Tonsignal an, dass dringende Nachrichten gerade eingetroffen sind. Jetzt kann ich mich gar nicht mehr erinnern, was ich eigentlich schreiben wollte. Ja doch, ein Fazit. Vielleicht finden wir das wirkliche Fazit schneller bei Google. Ganz sicher. Google.
Weiterführende Links
Recruiting Trends 2010
Eine empirische Untersuchung mit den Top-1.000-Unternehmen aus Deutschland sowie den Top-300-Unternehmen aus den Branchen Automotive, Finanzdienstleistung und IT
Prof. Dr. Tim Weitzel, Prof. Dr. Wolfgang König, Alexander von Stetten, Andreas Eckhardt, Sven Laumer
Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS), Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Bamberg & Frankfurt am Main, Januar 2010
Konvergenz der Medien unter besonderer Berücksichtigung neuer Sendeformate im Fernsehen. Sofia Delgado Gomez. Dissertation. 2007.
Author: Mike Harris
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