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Er antwortet auf eine Frage in Bezug auf Hirschhausen und ADHS in der ARD


Wollen wir doch einmal sehen, ob Sie sich 45 Minuten lang mit einer Sache befassen können. Schaffen Sie das? Schaffen wir das, oder haben wir zu viele Tabs offen, schießen uns zu viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf und sieht es auf unserem Schreibtisch so chaotisch aus wie auf dem von Eckart von Hirschhausen? Ein einziges Durcheinander, sehen wir da. Sollen wir uns da ausgerechnet 45 Minuten Dokumentation über ADHS, also die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, und ADS, das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, von jemandem bieten lassen, der selbst damit zu tun haben könnte? Erklärt uns der Bock jetzt, wie man den Garten anlegt?

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Michael Hanfeld

verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

Ein wenig davon hat der Film „Hirschhausen und ADHS“, mit dem die ARD heute Abend zur besten Sendezeit aufwartet. Beziehungsweise genau darum geht es: Wie stets nimmt der gelernte Mediziner und Moderator die Sache persönlich, um das Allgemeine zu veranschaulichen. Er stellt bei sich selber Züge fest, die auf ADHS hindeuten, von dem man heute weiß, dass es nicht nur Kinder betrifft, nicht nur Jungs, sondern auch Mädchen und Erwachsene, und sich nicht einfach „auswächst“.

Die Autorin, Musikerin und Schauspielerin Samira El Ouassil bekam ihre Diagnose erst kürzlich als Erwachsene. In ihrer Jugend schlug sie sich mit den Eigenartigkeiten herum, die Menschen mit ADHS oder ADS auszeichnen und ihnen das Leben schwer und anderen den Umgang mit ihnen nervenaufreibend machen. Heute geht es ihr – mit Medikamentierung – besser. Die allerdings muss passen, ebenso wie selbstverständlich die Diagnose.

Eine Nebenwirkung, die das Leben erschwert

VIDEO: Hirschhausen und ADHS Wenn Gedanken Achterbahn fahren | Doku | ARD 2023
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Im Fall der sechsköpfigen Familie, die Eckart von Hirschhausen besucht, scheint die Sache klar. Die älteste Tochter hat ADS, der achtjährige Sohn ADHS. Die Familie war mit den Nerven am Ende, die Mutter schildert, sie sei „irgendwann zu erschöpft gewesen für alles“. Der Ausweg? Der Wirkstoff Methylphenidat, zumeist verabreicht mit dem Medikament Ritalin. Seit die Kinder das Mittel nehmen, läuft es besser – sagen Mutter und Sohn. Die Tochter aber schildert – zur sichtbaren Überraschung ihrer Mutter –, dass sie lieber ohne Tabletten auskäme und es ihr zu schaffen macht, dass sie keinen Appetit mehr und weniger Antrieb hat.

Das sei eine Nebenwirkung, hören wir an dieser Stelle, die hinter dem maßgeblichen Effekt des Mittels zurücktrete. In diesem Sinne geht es bei Eckart von Hirschhausen weiter, etwa im Gespräch mit einem straffällig gewordenen jungen Mann, den er im Knast besucht. Auch bei ihm stand ADHS am Anfang, wie der junge Mann, der drogensüchtig und kriminell wurde, heute weiß. Die medizinischen Kapazitäten, die Eckart von Hirschhausen in Bonn und Hamburg zurate zieht, berichten aus ihrer jahrzehntelangen Erfahrung von der positiven Wendung, die das Leben von Menschen mit ADHS oder ADS nehmen kann, wenn erkannt wird, was mit ihnen los ist und dass ihnen der Wirkstoff Methylphenidat weiterhelfen kann.

Das erscheint relativ eindeutig, auch in Eckart von Hirschhausens persönlichem Fall. Er probiert ein Medikament aus, das kaum einen Effekt zeitigt, dann ein zweites, das ihm hilft, wenn er es an besonders stressigen Tagen nimmt. Das „kann Leben retten, kann Biographien retten, kann Familien retten“, sagt Samira El Ouassil, bei der sich von Hirschhausen für ihre Unterstützung vor und hinter der Kamera bedankt.

Ein wenig zu kurz kommt in diesem persönlich gehaltenen Film Hirschhausens, der vor 30 Jahren selbst als Arzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit jungen ADHS-Betroffenen gearbeitet hat, was das Ringen um die entsprechende Diagnose bedeutet. Einer der Mediziner, die von Hirschhausen befragt wurden, spricht davon, dass es eine regelrechte Desinformationskampagne gegen Ritalin gegeben habe oder gebe. Das aber ist höchstens eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass unangepasstes, wildes Verhalten von Kinder und Jugendlichen schnell pathologisiert wird. Es erfolgt eine Diagnose, dann kommt die Medikamentierung, und der Fall ist – scheinbar – erledigt.

„Der ADHS-Film ist nicht meine erste Reportage – aber vielleicht die persönlichste“, sagt Eckart von Hirschhausen, dessen menschenfreundliche, zugewandte Art ein Geheimnis seines Erfolgs auf der Bühne und auf dem Bildschirm ist. Sie prägt auch diesen Film, zu dem anzumerken erlaubt sei, dass es nicht nur die „Neurodiversität“ gibt, von der hier die Rede ist und die Eckart von Hirschhausen volkstümlich auf Kölsch in „Jeder Jeck es anders“ übersetzt. Es gilt halt auch, dass man nicht jeden Jecken für einen halten muss, dem nur die richtige Medizin fehlt.

Hirschhausen und ADHS läuft am Montag um 20.15 Uhr im ersten Programm und in der ARD-Mediathek.

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Author: Kathryn Jordan

Last Updated: 1703570522

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